Nach der Online-Versammlung im letzten Jahr wurde die Bürgerversammlung heuer wieder als Präsenzveranstaltung in der Margarethenhalle durchgeführt - mit überraschend reger Beteiligung. Derzeit gibt es zahlreiche Projekte, die kontrovers diskutiert wurden.
Genau 100 Stühle hatte die Gemeinde aufstellen lassen, fast alle waren besetzt. Nachdem in Höchberg nur 20 Personen erschienen waren, zeigte sich Bürgermeister Waldemar Brohm überrascht und erfreut über die große Präsenz in Margetshöchheim. Schließlich gibt es aktuell viele Projekte, die kontrovers diskutiert werden und die BürgerInnen beschäftigen. Zahlreich waren wieder verschiedenste Fragen zum Thema Verkehr. Den Auftakt machte Dr. Pätzold von der Bürgerinitiative Leiser!, die sich nach der erfolgreichen Reduktion des Fluglärms jetzt um den Straßenlärm kümmern will. Besonders die an der St2300 gelegenen Gebiete und Grundstücke sind stark von Umgebungslärm betroffen, wie die roten Markierungen in der interaktiven Lärmkarte des Umweltbundesamtes zeigen (siehe https://gis.uba.de/maps/resources/apps/laermkartierung/index.html?lang=de). Pätzold möchte mit Leiser! nach ersten positiven Erfahrungen z.B. in Höchberg erreichen, dass die Lärmbelastung etwa durch Flüsterasphalt und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h auf der Staatsstraße sinkt und sucht dafür betroffene Anwohner. Hierzu wird es in Kürze einen eigenen Blog-Beitrag geben.
ÖPNV, Fahrradrowdies, Parkplatzchaos: Verkehr war ein heißes Eisen
Eine Bürgerin sprach anschließend die Planungen der Westumgehung B26n und mögliche Einwendungen dagegen an; zum Thema war kurz vor der Bürgerversammlung bereits ein ausführlicher Blog-Artikel erschienen: https://www.margetshoechheim-blog.de/aus-unserer-region/245-wird-der-bau-der-westumgehung-b26n-vielleicht-doch-noch-auf-eis-gelegt. Auch der Öffentliche Personennahverkehr war Thema in der Versammlung: in ihrer aktuellen Umfrage über den ÖPNV in Margetshöchheim will die APG zum Beispiel wissen, ob für die BürgerInnen statt der Endhaltestelle Hauptbahnhof Würzburg auch eine Endhaltestelle Mainaustraße ("Bürgerbräu) akzeptabel wäre. Ein Bürger äußerte Bedenken, dass sich dann durch den zeitlichen Mehraufwand die Busverbindung von Margetshöchheim, Zell, Erlabrunn und Leinach verschlechtere. Bürgermeister Brohm erläuterte dazu, dass die Umfrage der APG durchgeführt werde, weil eine Neubeplanung der Strecken innerhalb der Korridore anstehe; dabei würden die Gemeinden als "wesentliches Moment" miteinbezogen und auch über die Vertretung in Kreistag und Kommunalunternehmen könne eine Verschlechterung verhindert werden. Margetshöchheim sei eine rentierliche Linie, führte Brohm aus, "Sie dürfen versichert sein, dass wir da ganz genau hinschauen". "Der ÖPNV muss attraktiv sein, dazu gehören die Taktung, Anschlüsse sowie auch der Preis", sagte der Bürgermeister.
Auf eine besondere Gefahrenstelle an der südlichen Auffahrt auf die St2300 (Ärztehaus) machte ein anderer Bürger aufmerksam. Er habe mehrmals erlebt, wie im Bereich der Auffahrt auf der Staatsstraße überholt wurde und dabei brenzlige Situationen entstanden. Als ehemaliger Gemeinderat wisse er, dass die Gemeinde an dieser Stelle wenig Handhabe für Mßnahmen habe, aber eine längere durchgezogene Mittellinie und ein Schild mit Überholverbot seien wünschenswert. Brohm erläuterte hierzu, dass Schild und Linie in Abstimmung mit der Verkehrspolizei als erste Maßnahme wohl infrage kämen. Zudem wurden bereits eine Ampel oder ein Kreisverkehr an der Stelle diskutiert; die Planungen mit der Infrastruktur seien ans Straßenbauamt weitergegeben worden. Für einen Kreisverkehr würde Margetshöchheim die erforderlichen Durchsatzzahlen nur an 22 Stunden pro Tag erreichen. Für die Fußgänger wären eine Brücke oder ein Tunnel möglich. Bei letzterem müssten aber das Straßenbauamt zustimmen und große Höhenunterschiede mit einer langen Rampe überbrückt werden. "Es wird einen Ortstermin mit dem Straßenbauamt geben", sagte Brohm, "wir haben die Unterlagen hingeschickt." Auch eine Linksabbiegerspur von der St2300 Richtung Scheckert wäre nötig, da fast ein Drittel der Margetshöchheimer Einwohner im Gebiet Scheckert / Lausrain / Zeller Straße wohnt. Wenn alles vorliege, komme das Thema in den Gemeinderat, sagte Brohm.
Eine Bürgerin beschwerte sich in der Bürgerversammlung über rücksichtslose Radrennfahrer, insbesondere auf der Würzburger und Erlabrunner Straße sowie auf dem Main-Radweg. Sie regte an, dass die Radfahrer erst hinter dem Ort auf den Radweg auffahren sollten. Der Bürgermeister sah hier dieselbe Problematik wie mit den Autofahrern: "Wir diskutieren heftig über zu schnelles Fahren im Ortsgebiet". Es gebe vernünftige und unvernünftige Fahrer. "Unvernunft kann auch eine Beschilderung nicht heilen", meinte Brohm. Beim letzten Margaretenfest sei der Radweg ab dem Steinernen Weg wieder durch Bauzäune abgesperrt worden; diese hätten die Radfahrer einfach beiseite geschoben, um mit dem Rad durch das Fest zu fahren.
Neben rücksichtslosen Fahrern hat Margetshöchheim mit wachsenden Parkproblemen zu kämpfen. Jedes Jahr aufs Neue ist das Parkplatz-Chaos Thema in der Bürgerversammlung. Ein Bürger kritisierte die zahlreich abgestellten Wohnmobile sowie Eigentümer im Altort, die ihre Fahrzeuge statt in den eigenen Hof auf die Straße stellen. Ob Zeitparken eine Möglichkeit sei, das Problem zu lösen? Grundsätzlich seien Zeitparkplätze möglich, aber in Gänze sei das Falschparken wegen fehlender rechtlicher Handhabe für die Gemeinde nicht lösbar, so der Bürgermeister. Wer sich ein Wohnmobil anschaffe, sei auch für die Abstellung verantwortlich. Das Problem, dass immer mehr Wohnmobile angeschafft und öffentlich abgestellt würden, weil sie in keine Garage passen, sei auch im Bayerischen Städte- und Gemeindetag schon thematisiert worden. Inzwischen gebe es sogar Landwirte, die ihre Scheunen als Stellplätze vermieten würden. Dass die Straßen mit Fahrzeugen aller Art zugeparkt seien, stelle aber in ganz Margetshöchheim ein Problem dar. Die Gemeinde habe laut Brohm zwei Optionen: entweder "die Verkehrsüberwachung durchjagen" oder "die Hardcore-Version: wir ziehen jede einzelne Bauakte raus und lassen uns die Stellplätze zeigen; dann geben wir es der Bauaufsicht weiter, wenn der Stellplatz nicht andienbar ist". Insgesamt lasse sich das Parkproblem nur lösen, wenn jeder bei sich selbst anfange: "Wir können nur daran appellieren, dass die Bürger ihre eigenen Stellplätze, Höfe und Garagen nutzen", sagte Brohm. Neue Parkflächen zu schaffen, koste die Gemeinde neben den kaum vorhandenen Flächen jeweils rund 25.000 Euro pro Stellplatz. Am neuen Parkplatz in der Ludwigstraße sei jedoch zu erkennen, dass auch dies nur wenig nütze. Zum Einen stehen dort inzwischen mehrere Anhänger, zum Anderen ist z.B. die Ludwigstraße trotzdem ständig zugeparkt, weil den Anwohnern wohl der Weg vom Parkplatz zu weit ist. Kritisch sei außerdem, wenn die Durchfahrt von Rettungskräften wegen Falschparkern gefährdet wird.
Ein Bürger fragte an, wie es um die geplante barriefereie Haltestelle in der Zeller Straße (Haltestelle Bachwiese) stehe. Bürgermeister Brohm erklärte, dass die Planungen laufen und der Bau 2022 beginnen soll. Die Maßnahme wird rund 180.000 Euro kosten.
Den Verkehrslärm im Allgemeinen und speziell den regen Publikumsverkehr in der Zeller Straße kritisierte ein Bürger, der sich über die "5 Monate Dauerbelustigung" vom Festbetrieb äußerte. Der Bürgermeister stellte klipp und klar fest, dass es diesen Dauerbetrieb, der dem Gastronom heuer wegen der finanziellen Ausfälle durch die Corona-Pandemie genehmigt worden war, nächstes Jahr nicht mehr geben werde. "Wir haben auch heimische Gastronomie, nächstes Jahr zwei, die nur überleben kann, wenn Gäste kommen.", sagte Brohm.
Wann werden die Anwohner bei der Planung der neuen Mainlände einbezogen?
Zum Umbau der Mainlände im Bauabschnitt II zwischen Poinstraße und Rathaus fragte ein Anwohner kritisch nach, weil die Festgemeinschaft bereits in die Planung einbezogen wurde, während die Anliegen der Anwohner noch nicht gehört worden sind. Wie Brohm erläuterte, gibt es jetzt erst eine Grobplanung. Mit der Festgemeinschaft habe es bereits einen Workshop gegeben, weil im Konzept festgelegt werden soll, welche Infrastruktur die Vereine für das Margaretenfest bräuchten. Das betrifft vorwiegend unterirdische Installationen. Zudem dürfen z.B. wegen neuer Vorschriften die Stände nicht mehr an die Häuser platziert werden. Abgefragt wurde in dem Workshop auch, welche Vereine sich überhaupt noch beteiligen würden. "Es wird nichts ohne die Anwohner gemacht", versicherte Brohm. "Die Vereine nutzen die Mainlände ja nur 2 Wochen im Jahr." Wenn die Festgemeinschaft ihre Bedürfnisse eingebracht hat, wird mit den Anwohnern zusammen weitergeplant. Danach wird ein Städtebauliches Konzept erarbeitet, das im Gemeinderat diskutiert wird. Anschließend folgt die endgültige Planung, über die schließlich die Regierung von Unterfranken befinden muss. Mit ersten Maßnahmen ist laut Brohm erst im Herbst 2023 zu rechnen.
Der Streuobst-Pakt und die Fläche am Zeilweg
Auch Umweltthemen kamen in der Bürgerversammlung zur Sprache. Ein Bürger merkte an, dass auf dem Grundstück in der Bachwiese, auf dem im vergangenen Jahr bereits illegale Rodungen durchgeführt wurden, verbotenerweise erneut 8 Bäume gefällt wurden (siehe Blog-Artikel https://www.margetshoechheim-blog.de/natur-umwelt/32-illegale-rodungen-am-scheckert-sorgen-f%C3%BCr-%C3%A4rger). Eigentlich hätte dort renaturiert und aufgeforstet werden müssen. Bürgermeister Brohm zeigte sich empört über den Vorgang: "Sowas geht überhaupt nicht", sagte er. Nachdem die Gemeinde darüber informiert worden war, habe sie den Vorgang sofort gestoppt, mit Fotomaterial dokumentiert und eine Anfrage für ein naturschutzrechtliches Verfahren bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts (UNB) eingereicht. Brohm hoffe, dass die UNB zügig reagiere.
Eine Bürgerin fragte nach, ob und wie Margetshöchheim als Streuobst-Dorf vom neuen bayerischen Streuobst-Pakt profitieren könnte (siehe auch Blog-Artikel https://www.margetshoechheim-blog.de/natur-umwelt/229-1-million-neue-b%C3%A4ume-staatsregierung-beschlie%C3%9Ft-streuobst-pakt). Brohm erläuterte, dass der Streuobst-Pakt sehr vielfältig sei und im November in der Aufsichtsratssitzung der hiesigen Streuobst-Genossenschaft besprochen werde. Denkbar sei etwa, seltene Sorten nachzupflanzen. "Die Genossenschaft ist da dran", so Brohm. Der Streuobst-Pakt sei ein gut bestückter Topf und jeweils für 1 Jahr aufgelegt. Auf die Nachfrage der Bürgerin, ob innerhalb des Projekts auch die Fläche am Zeilweg neu bepflanzt werden könnte, legte Brohm dar, dass dort keine Neupflanzungen vorgesehen seien, weil "die Planung an der Stelle noch nicht abgeschlossen" sei. Nach seinen Informationen hätten viele Margetshöchheimer, auch Anhänger des Bürgerbegehrens gegen eine Bebauung, nichts gegen ein Streuobstzentrum einzuwenden. Einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens hakte kurz darauf nach, ob das bedeute, dass sich der Bürgermeister nicht an das Votum der Bevölkerung gebunden fühle. Brohm entgegnete, dass er sich an seine Zusage halte und das Votum des Bürgerentscheids, das für ein Jahr gilt, respektiere. Nach Ablauf der Frist werde sich der Gemeinderat mit dem Thema beschäftigen, denn "der Gemeinderat ist der Souverän", so Brohm.