Nach dem lang ersehnten Auftakt zum Neubau des Mainstegs kommt heuer auch in die marode Kinderkrippe am Zeilweg noch Bewegung. Seit 10 Jahren wird um die Sanierung des Krippengebäudes gestritten - es musste 2009 wenige Monate nach der Fertigstellung wegen gravierenden Baumängeln wieder schließen. Jetzt stehen die Zeichen gut, dass nächstes Jahr zeitig mit der Sanierung begonnen werden kann.
Auch die Erweiterung der Kindertagesstätte ist dringend notwendig, Betreuungsplätze fehlen und die Notgruppe in der Schule muss bis 2022 wegen der anstehenden Sanierung aufgelöst werden. Bereits im März hatte der Gemeinderat nach der lang ersehnten Fertigstellung des Gerichtsgutachtens den ersten Grundsatzbeschluss gefasst, dass "priorisiert" am bestehenden Gebäude erweitert bzw. saniert werden soll. Nun wurden in der letzten Gemeinderatssitzung am 8.12. neue Grundsatzbeschlüsse gefasst, um beides so schnell wie möglich voranzutreiben. Doch der Weg durch das komplizierte Geflecht aus Verantwortlichkeiten ist steinig und sorgte in den Gremien teils für nervenaufreibende Diskussionen.
Seit die Kinderkrippe schließen musste, sind die Kinder in Containern untergebracht. "Niemals hätten wir gedacht, dass wir die Kinder für 10 Jahre in Containern unterbringen müssen. Das hätte auch die Fachaufsicht niemals genehmigt. Wir waren anfangs davon ausgegangen, dass wir mit dem Gerichtsverfahren in zwei Jahren durch sind", erklärte Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU). Dass es nicht so kam, hat vor Allem zwei Gründe: die langsamen Mühlen der deutschen Justiz und die Haltung der Diözese Würzburg.
"Schwierige Gemengelage"
2010 wurde das Krippengebäude stillgelegt und ein Gerichtsverfahren angestrengt, das klären sollte, wer für den Pfusch am Bau verantwortlich ist: der Planer oder die Handwerker? Jeder schiebt die Schuld auf den anderen. Zunächst wurden die Schadensbilder im Auftrag der Kirchenverwaltung aufgenommen. Weil das Architekturbüro dieses Gutachten nicht anerkannte, erstellte das Gericht ein eigenes Sanierungsgutachten. Es dauerte 5,5 Jahre und summiert den Schaden auf 265.000 Euro. Parallell erstellte der Sanierungsgutachter der Kirchenverwaltung ein neues Schadensgutachten - dessen Summe beläuft sich aber auf 700.000 Euro. Macht eine Differenz von 435.000 Euro. Dieses "Delta", wie Brohm es nennt, macht eine seriöse Schätzung der zu erwartenden Kosten für die Gemeinde extrem schwer. Denn nach der Summe des Gutachtens richtet sich der Anteil, den die Schadensverursacher zahlen müssen.
Die ursprünglich von den Rechtsberatern für die Gemeinde prognostizierte Aufteilung von 0 zu 100 bei den Kosten "wird wohl nicht zu halten sein, damit das Ding endlich vom Eis kommt", sagte Brohm. Die Diözese Würzburg regelt die Finanzen der Kirchenverwaltung und sitzt deshalb mit im Boot. Die Diözese lehnt eine Kostenbeteiligung ab, unter Anderem weil sie sich nach personellen Änderungen seit einiger Zeit grundsätzlich aus Immobiliengeschäften zurückziehen will. Ein unglücklicher Umstand, denn die ihr finanziell unterstehende Kirchenverwaltung ist Bauherrin der KiTa. Außerdem liegt die Trägerschaft bei der Kirchenverwaltung, doch die hat in Margetshöchheim seit 2019 keinen Vorsitzenden mehr - so kam es, dass Bürgermeister Brohm seit April 2019 übergangsweise auch noch als alleiniger Geschäftsführer der KiTa St. Johannes fungiert.
Bis die Gutachten fertig waren, gingen neun Jahre ins Land. Jetzt blockiert die Diözese
Den Rechtsstreit abzuwarten, könnte allerdings noch Jahre dauern und brächte die Gemeinde in die Bredouille, weil diese die Betreuungsplätze zur Verfügung stellen muss. In den vergangenen Jahren hat die Gemeinde zahlreiche Gespräche mit den Verfahrensbeteiligten und der Diözese geführt, ohne greifbares Ergebnis. Inzwischen hat der Zweite Bürgermeister Norbert Götz (CSU) einen Brief an den Würzburger Bischof geschrieben. Für die Gemeinde ist die ewige Warteschleife eine große Belastung. Brohm kritisierte die "hartleibige Haltung der Diözese" in der Sitzung. Schließlich könnten dadurch unverschuldet einige Hunderttausend Euro an der Gemeinde hängen bleiben. Gemeinderat Stefan Herbert (SPD) hatte in der vorhergehenden Sitzung des Ausschusses Soziales, Kultur, Sport gesagt, er sei "zum 100. Mal enttäuscht von der Kirchenverwaltung" und es sei "bitter für die Gemeinde, dass sie zahlen soll, obwohl sie nichts dafür kann". Gemeinderat Andreas Raps (MM) äußerte in der Gemeinderatssitzung, eine mangelnde Beteiligung der Kirche "wäre eigentlich ein Skandal".
Nach neuerlichen Gesprächen geht Brohm davon aus, dass die 435.000 Euro Differenz wohl 50:50 aufgeteilt werden könnten zwischen der Gemeinde und der Diözese, wie er auf Nachfrage mitteilte. Außerdem wolle die Gemeinde, wenn sie in die Sanierung einsteigt, den Rechtsstreit zu Ende führen. Das sei juristisch möglich. Zudem sollen bei der neuen Ausschreibung auch alle ehemals beteiligten Handwerker angeschrieben werden, sodass sie unter dem wachsamen Auge des Architekturbüros ihren finanziellen Sanierungs-Beitrag leisten könnten. Beauftragt wurde das Architekturbüro Stöcker aus Würzburg. Derzeit soll das Büro nochmals das Sanierungsgutachten im Hinblick auf die Differenz zum Gerichtsgutachten überprüfen.
Modulbauweise, mehr Container und am Ende wieder eine öffentliche Spielfläche
Auch die Planung ist kompliziert. Nachdem der Vorschlag der SPD, das gemeindliche Anwesen in der Ludwigstraße als Erweiterung oder Krippengebäude zu nutzen, wegen zu hohen Kosten von rund 200.000 Euro weggefallen war, einigten sich die Gemeinderäte einstimmig, dass definitiv am bestehenden Standort saniert und erweitert wird. Laut Verwaltungschef Roger Horn sind zwei zusätzliche Kindergartengruppen sowie eine Krippengruppe nötig; dazu kommt ab 2022 noch die Notgruppe, die wegen der Sanierung dann aus der Schule umsiedeln muss. Insgesamt ist der Bedarf in Margetshöchheim auf bis zu 170 Kinder gestiegen; die Gemeinde erstellt noch die genaue Bedarfsfeststellung. Bleibt die Frage, wie der bestehende Kindergarten erweitert werden soll und wo die Kinderkrippe einzieht. Denkbar ist, das Krippengebäude zu sanieren, evtl. aufzustocken oder es als Erweiterung des Kindergartens zu nutzen und ein separates Krippengebäude auf dem Gelände zu bauen. Oder es wird ein (sowieso nötiges) zweites Gebäude gebaut und beide für alle Altersstufen genutzt. Zudem bleibt zu klären, ob mit einem oder zwei verschiedenen Trägern. Bauherrin will diesmal die Gemeinde sein. Das zweite Gebäude wird in Modulbauweise favorisiert, sodass es später flexibel angepasst werden kann. Der Gemeinderat beschloss, dass mehrere Raumprogramme (sie ermitteln den Platzbedarf nach Altersstufen) angefertigt werden sollen. Die bisherige Spielfläche bleibt erhalten; auf der verbleibenden Restfläche könnte nach der Bauzeit endlich wieder eine öffentliche Spielfläche am Zeilweg entstehen. Das Architekturbüro Stöcker ist derweil schon mit einem Bauzeitenplan und den Werkplanungen beauftragt worden. Die reine Sanierungszeit des Krippengebäudes soll circa 6 Monate betragen. Der Bedarf an zusätzlichen Krippenplätzen wird vorerst durch einen neuen Container abgedeckt; im August sollen die beiden alten Container zudem ausgetauscht werden.