Die Dauerbaustelle Höchheimer Mainsteg zieht sich weiter hin. Im Herbst 2024 soll die Brücke aber angeblich fertig werden - die Gemeinden Margetshöchheim und Veitshöchheim legen nun eine härtere Gangart ein und erhöhen den Druck, damit die Fertigstellung wirklich klappt. Am Steg gehen die Bauarbeiten derzeit schleppend weiter.
"Wir bauen hier ein wichtiges Infrastruktur-Projekt und auch ein emotionales Bauwerk" verkündete Bürgermeister Brohm einst bei der Eröffnung der Steg-Baustelle im Oktober vor vier Jahren. Dass die Brücke eine emotionale Achterbahnfahrt auslösen und die Dauerbaustelle Höchheimer Mainsteg einmal scherzhaft mit dem Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 verglichen werden würde, hätte sich damals wohl niemand träumen lassen. Der Baubeginn startete mitten in der Pandemie etwas verspätet im Oktober 2020, die geplante Bauzeit lag bei 19 Monaten. Schon bald reihte sich jedoch eine Verzögerung an die nächste. Unseliger Höhepunkt war vor zwei Jahren der komplette Baustopp im August 2022, seitdem streiten die Behörden und die Baufirma ums Geld und es geht am neuen Steg nur noch schleppend voran. Spätestens seit dem unrühmlichen TV-Beitrag in der Satire-Sendung "quer" vom 6. Juni diesen Jahres verbindet die Brücke die Bürger auf beiden Mainseiten wohl höchstens in der Erkenntnis, was beim öffentlichen Bauen in Deutschland so alles schiefläuft.
Während die Bevölkerung belustigt den Kopf schüttelt, ringt die Dauerbaustelle den Gemeinden Margetshöchheim und Veitshöchheim kein müdes Lächeln mehr ab - die Bürgermeister Waldemar Brohm und Jürgen Götz wollen endlich Ergebnisse sehen und legen nun ein härtere Gangart ein. Die Gemeinde Margetshöchheim ist (wie beim alten Ludwig-Volk-Steg) die Eigentümerin und offizielle Bauherrin der neuen Brücke, die Gemeinde Veitshöchheim baut mit und beteiligt sich hälftig an den Kosten. Auch der Bund sitzt mit im Boot, genauer in Gestalt des Wasserstraßen-Neubauamts Aschaffenburg (WNA); die Behörde fungiert als Träger des Bauvorhabens und ist in Kooperation mit den Gemeinden für die Planung zuständig und für die Bauausführung verantwortlich. Dem WNA übergeordnet ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Der Bund zahlt 49,38 % der Kosten, die Gemeinden Margetshöchheim und Veitshöchheim teilen sich den restlichen Kostenanteil von 50,62 %. Die Gesamtkosten für den Höchheimer Mainsteg liegen nach bisheriger Kostenschätzung bei fast 8,5 Millionen Euro (Nachforderungen nicht eingerechnet). Die Regierung fördert den Neubau mit einem erhöhten Fördersatz von 70 % der förderfähigen Kosten (diese belaufen sich auf 4,4 Mio. Euro). An den beiden Gemeinden bleiben demnach Kosten in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro hängen plus nicht förderfähige Kosten in Höhe von rund 650.000 Euro (dazu gehören etwa Planungskosten) - für jeden Ort also fast 1,3 Millionen Euro. Bürgermeister Brohm und die Gemeinde bemühen sich zusammen mit Margetshöchheims Landtagsabgeordnetem Björn Jungbauer (CSU) bei der Regierung von Unterfranken und beim Freistaat allerdings um eine Nachförderung für den Höchheimer Mainsteg, was wegen der überregionalen Bedeutung des Bauwerks durch den Main-Radweg Aussichten auf Erfolg hat. Wie hoch eine Nachförderung ausfallen könnte, sei aktuell ergebnisoffen, berichtet Brohm auf Nachfrage. Derzeit würden die nötigen Unterlagen erstellt. Fördergelder werden regulär als Festbeträge anhand der ursprünglichen Kalkulation bewilligt, was Kommunen bei unerwartet steigenden Baukosten vor Probleme stellt.
Der Abbruch des alten Stegs wurde endlich gelöst
Die durch die Corona-Pandemie, Energiekrise und Inflation unerwartet gestiegenen Baukosten in den vergangenen Jahren waren mit ein Grund, warum die ausführende Baufirma Lupp GmbH zusätzliche Nachforderungen in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro beim WNA in Rechnung stellte; dies führte zu Streitigkeiten mit der Behörde und letztlich zum totalen Baustopp am Mainsteg im August 2022. Um bei den schwierigen Verhandlungen über die geforderten Nachträge zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, wurde im September 2022 ein externer Gutachter aus der sogenannten "Task Force" der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) als Mediator hinzugezogen. Diese "Task Force" der WSV dient eigens dazu, bei Bauprojekten an Wasserstraßen möglichst frühzeitig auf Probleme reagieren zu können und insbesondere schwierige Nachtragsverhandlungen gütlich zu einigen. Eine externe Sachverständige beurteilt die einzelnen Positionen und verhandelt mit den Konfliktparteien. Ein Hauptstreitpunkt war beispielsweise der Abbruch des alten Ludwig-Volk-Stegs. Die Baufirma wollte den Posten aus dem Vertrag herauslösen, und das führte zu langwierigen Diskussionen, in die auch die Regierung von Unterfranken als Fördermittelgeber involviert werden musste. Bei vertragswidrigem Verhalten drohte den Gemeinden, dass die Fördergelder gestrichen werden. Seit Kurzem kann die Gemeinde Margetshöchheim in diesem Punkt aber aufatmen: "Die Regierung von Unterfranken hat uns im Juli mitgeteilt, dass der Abbruch des alten Stegs neu ausgeschrieben werden kann, ohne förderschädlich zu sein", freut sich Bürgermeister Brohm. Das zuständige WNA hat den Abbruch vor Kurzem bereits neu ausgeschrieben. Planmäßig soll der alte Ludwig-Volk-Steg dann im März / April 2025 während der regulären 14-tägigen Schifffahrtssperre abgebrochen werden. Die Einrichtung der Baustelle für den Abbruch der maroden Brücke soll bereits im Januar 2025 erfolgen. Der eigentliche Abbruch soll laut Bürgermeister flott gehen: "Zuerst wird der Brücken-Überbau mit einem Kran herausgehoben und dann an Land zerteilt. Das ganze dauert circa einen halben bis einen Tag." Die Gemeinde hoffe zudem, dass dann auch gleich der an Land stehende Pfeiler mit entfernt wird. Schließlich soll die Mainlände zwischen Pointstraße und Rathaus als zweiter Bauabschnitt im nächsten Jahr umgebaut werden, der BA II soll laut jetzigem Zeitplan im September 2025 beginnen und 18 Monate dauern. Brohm hofft, dass die Bauzeitpläne der beiden Maßnahmen harmonieren, befürchtet aber "Unwägbarkeiten".
Restarbeiten am neuen Steg laufen schleppend
Zunächst hofft die Gemeinde aber vor Allem, dass der Höchheimer Mainsteg bis dahin auch endlich fertiggestellt ist. Die Brücke ist seit Monaten auf der Zielgeraden, doch die nötigen Restarbeiten laufen genauso schleppend wie die Verhandlungen zwischen der Baufirma und dem WNA. Vor wenigen Tagen kam erneut eine der gewohnten Hiobsbotschaften, berichtet der Bürgermeister: der Einbau der Schwingungstilger werde sich verzögern und soll voraussichtlich erst im Oktober erfolgen. Brohm und sein Veitshöchheimer Amtskollege Jürgen Götz, der als Konstrukteur und Projektleiter beruflich in der Baubranche zu tun hatte, haben sich nach den grenzwertigen Schwingungstests Ende 2023 übereinstimmend zum nachträglichen Einbau von Schwingungstilgern entschlossen. Die Sonderanfertigung wurde im Februar diesen Jahres bestellt und sollte nach 6 Monaten, also im August 2024, eingebaut werden. Nun verzögert sich allerdings die Fertigung. Es gibt jedoch auch gute Nachrichten: der defekte Oberbelag auf der Brücke wurde laut Bauzeitplan im Juli erneuert und sollte nun passen. Das sei "ein Schritt in die richtige Richtung", genüge aber nicht, meint der Bürgermeister. Die Mängel an der Elektroinstallation sowie am Korrosionsschutz sind noch nicht behoben, auch kleinere Mängel aus der seitenlangen Mängelliste wurden noch nicht angegangen.
Die Gemeinden wollen eine "zeitnahe Fertigstellung"
Die Gemeinden verlieren allmählich die Geduld und fragen sich, warum die Nachbesserungsarbeiten so schleppend vorangehen. Margetshöchheim als Bauherrin der neuen Brücke und Veitshöchheim fahren jetzt deshalb eine härtere Gangart und erhöhen den Druck, damit die Kuh endlich vom Eis kommt. Mitte Juli haben sich die Bürgermeister der beiden Gemeinden zusammen mit Vertretern aus den Verwaltungen nun erstmals direkt mit einem Niederlassungsleiter sowie mit einem Geschäftsführer der ausführenden Baufirma zusammengesetzt, um sich ein vollständiges Bild von der Lage zu machen, den Sachstand zu erörtern und das weitere Vorgehen zu besprechen. Demnach seien nach einem anfänglich guten Start die Verhandlungen zwischen der Baufirma und dem Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) trotz Mediation mittlerweile ins Stocken geraten. Neben erhellenden Einsichten brachte der Termin auch erste Ergebnisse: derzeit wird eine gemeinsame Baustellenbegehung mit Vertretern der beiden Gemeinden, der ausführenden Baufirma und dem WNA vorbereitet. Bei der gemeinsamen Begehung soll eine Liste der Mängel und Restarbeiten samt Zeitplan erstellt werden. Zudem sicherte die Baufirma zu, dass zeitnah mögliche Restarbeiten, z.B. zur Beseitigung von Baurückständen, unverzüglich beauftragt werden sollen. Die ausführende Baufirma tritt als Generalunternehmer auf und übernimmt die Haftung, kann jedoch sogenannte Nachunternehmen für Gewerke wie z.B. Metallarbeiten beauftragen.
Die Causa ist im Bundesverkehrsministerium angekommen
Auch gegenüber den Behörden fahren die Gemeinden jetzt ein Stück weit ihre Krallen aus. Weil der Bund als Geldgeber für die neue Brücke mit im Boot sitzt, haben die Bürgermeister von Margetshöchheim und Veitshöchheim zunächst Gespräche mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) aufgenommen. Um den Druck weiter zu erhöhen, haben sie die Problematik vor Kurzem außerdem mit dem Würzburger Bundestagsabgeordneten Andrew Ullmann von der FDP sowie dessen Büroleiter und einem Staatssekretär aus Berlin besprochen - so ist die Causa Höchheimer Mainsteg mittlerweile sogar im FDP-geführten Bundesverkehrsministerium angekommen. Die Gemeinden hoffen, dass dadurch endlich Bewegung in die Sache komme, erklärt Bürgermeister Brohm.
Für Margetshöchheim und Veitshöchheim sei die neue Brücke schließlich "ein Jahrhundertbauwerk", so Brohm. Der Begriff soll sich auf die Dauerhaftigkeit des Bauwerks beziehen, nicht auf die Herstellung. Nach derzeitigem Planungsstand - den die Gemeinden natürlich mit größter Vorsicht genießen - soll der Höchheimer Steg angeblich heuer im Oktober 2024 fertiggestellt werden. Was lange währt, wird endlich gut? Die Gemeinden sind da momentan wenig optimistisch. Der Bürgermeister geht davon aus, dass die neue Brücke wegen der Beseitigung von baulichen Mängeln im Oktober noch nicht in Betrieb gehen könnte und sieht der Übergabe an die Bauherrin Margetshöchheim mit Skepsis entgegen. "Ich befürchte, dass es bei der Endabnahme große Diskussionen geben wird und dass wir ein Bauwerk übernehmen, wo immer wieder Nachbesserungen nötig sind", berichtet Waldemar Brohm. Näheres könne man aber erst sagen, wenn die gemeinsame Baustellenbegehung mit der Baufirma und dem WNA stattfand und eine detaillierte aktuelle Mängelliste und Übersicht über die Restarbeiten vorliegt. Soviel steht fest: der neue Steg wird erst dann für die Öffentlichkeit freigegeben, wenn gravierende Mängel behoben sind und das Bauwerk sicher ist. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Das ursprüngliche Datenblatt Ersatzneubau Fußgängersteg (die technischen Daten blieben unverändert):
Brückentyp: rückverankerte, pfeilerlose Hängebrücke über den Main mit 2 Pylonen
Kreuzungswinkel: ca. 19 gon
Baubeginn: September 2020
Bauzeit: ca. 19 Monate
Voraussichtliche Kosten: ca. 8,4 Mio. €
Gesamtlänge: inkl. beider Rampen 311 Meter
Hängebrückenlänge: ca. 122 m, über dem Main
Pylonhöhe: ca. 25 m
Brückenfläche ca. 950 m²
Brückenbreite: 3 Meter
Geländerhöhe: 1,30 m, befahrbar für Radfahrer/innen
Träger des Vorhabens: Bundesrepublik Deutschland
In Kooperation mit den Gemeinden Margetshöchheim und Veitshöchheim
Gefördert mit Mitteln des Freistaats Bayern
Vertreten durch Wasserstraßen-Neubauamt Aschaffenburg
Technische Besonderheiten:
durchlaufendes Edelstahl-Seilnetz-Geländer
LED-Beleuchtung im Handlauf integriert, schlanke Stahlbetonbrückenplatte 22cm Bauhöhe
behinderten- und radfahrergerechte Rampen auf beiden Uferseiten, und zusätzlich ein Treppenaufgang in Form einer Wendeltreppe zum direkten Zugang zur Brücke auf Veitshöchheimer Seite
Die Maste bilden mit der Abspannung der Tragseile einen stabilen Dreibock, der weithin sichtbar den Standort des Steges markiert und damit die nötige Orientierung für die Überquerung des Mains liefert. Die Mastfüße sind kugelgelagert ausgeführt.
Für die Zugabspannungen von Tragseil und Mast sind Abspannfundamente vorgesehen, die mittels Verpressankern im Boden verankert werden. Die aufgefächerten Verpressanker tragen die Lasten in den anstehenden Boden über Mantelreibung ein.