Ein guter ÖPNV sei "ein wesentliches Standortmerkmal" für die Gemeinden, meinte Bürgermeister Brohm beim APG-Bürgerworkshop Mitte Oktober. Ziel der Veranstaltung war zusammen mit der vorausgegangenen Bürgerbefragung, die richtigen Weichen für einen attraktiven Nahverkehr zu stellen. In und um Margetshöchheim wird es ein paar Veränderungen geben.
Insgesamt waren 26 Personen beim Workshop dabei, darunter Bürgermeister Waldemar Brohm, die Bürgermeister aus Leinach und Zell sowie die stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer. Auch BürgerInnen konnten sich für eine Teilnahme bewerben und waren aus allen vier Gemeinden vertreten. Im Zentrum des Workshops stand der Servicegedanke und die Frage, wie der ÖPNV ab 2024 in Margetshöchheim und Umgebung attraktiv bleiben bzw. attraktiver werden kann. Hintergrund ist, dass der Linienverkehr im hiesigen Korridor 7 durch die APG ("Der Landkreis-Bus") im nächsten Jahr neu ausgeschrieben werden muss.
"Wir wollen immer den bestmöglichen ÖPNV im Landkreis anbieten", formulierte APG-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel; allerdings fügte sie hinzu, dass dies im Verkehrsunternehmens Verbund Mainfranken (VVM) nicht immer leicht sei, weil dieser andere Prioritäten setze als der Landkreis. Mit 120 Bus-, 8 Zug- und 5 Straßenbahnlinien ist der VVM der wichtigste Mobilitätskoordinator der Region. Zum Verbund gehören Stadt und Landkreis Würzburg, Stadt und Landkreis Kitzingen sowie der Landkreis Main-Spessart. In absehbarer Zeit sollen auch Schweinfurt und Rhön-Grabfeld in den VVM eingegliedert werden. Deshalb entwickelt die APG eigene Produkte für den Landkreis Würzburg wie beispielweise das 2020 eingeführte 365-Euro-Ticket für SchülerInnen und Azubis. Der Landkreis und Kommunen wie Margetshöchheim zahlen 200 Euro dazu, sodass das Ticket nur noch 165 Euro im Jahr und damit in etwa gleich viel wie ein Semesterticket kostet. Rund 14.000 SchülerInnen nutzen das Ticket inzwischen; allein für den Landkreis Würzburg belaufen sich die Mehrkosten auf rund 310.000 Euro. Das 365-Euro-Ticket sei eine "Riesenentlastung" für die BürgerInnen, meinte APG-Betriebsleiter Dominik Stiller im Workshop. Andere Landkreise wie Schweinfurt und Rhön-Grabfeld, die sich dem VVM anschließen wollen, würden ein solches Ticket nicht kennen. Zuschüsse vom Freistaat fließen für die Tickets nur, wenn der Nahverkehr in einem Verkehrsverbund organisiert ist und nur für Personen, deren (Aus-)Bildungsstätte im teilnehmenden Gebiet liegt.
Das Wabensystem bleibt, bis es ein bundesweites Ticket gibt
Weil der Linienverkehr nicht von einer zentralen Firma betrieben wird, sondern nach Ausschreibungen von unterschiedlichen Einzelunternehmen durchgeführt wird, hapert es an manchen Stellen. "Es ist unheimlich schwierig, alle Unternehmer im Verbund von einem Produkt zu überzeugen", erklärte Stiller. Im VVM haben sich über 25 Unternehmer zusammengeschlossen. Der Verbund ist auch der Grund für das ungeliebte Wabensystem: "Das Wabensystem war eine wesentliche Grundlage, dass wir Kitzingen und Main-Spessart in den Verbund gekriegt haben", erläuterte der Betriebsleiter, denn Wabensysteme seien "immer kompatibel". Es vereinfacht einheitliche Tarife und abgestimmte Fahrpläne. Etliche BürgerInnen kritisierten das Wabensystem als unlogisch, umständlich und teuer. Die APG machte allerdings deutlich, dass Grenzen ziehen immer schwierig sei und man aus genannten Gründen nicht vom Wabensystem wegkomme. Es sei denn, der Gesetzgeber führt wieder einen bundesweit gültigen Fahrschein wie das 9-Euro-Ticket ein: damals sei besonders im Freizeitbereich merklich mehr mit dem ÖPNV gefahren worden, auch von klassischen Nicht-Nutzern. "Das 9-Euro-Ticket war ein Türöffner; wir merken im Kundencenter, dass es seitdem viel mehr Nachfrage nach Beratung und Angeboten gibt", meinte Betriebsleiter Stiller, der selbst auch im Kundencenter tätig ist. Veränderungen im Tarifsystem gibt es laut APG bereits, seit im August 2020 die Tarife um bis zu 35% gesenkt wurden. Die Auswirkungen könnten wegen der Veränderungen durch die Corona-Pandemie allerdings noch nicht beziffert werden. Gut angenommen wird das neue e-Ticket, das für jede Fahrt eine Bestpreisgarantie bietet und gerade im Probebetrieb zwischen Höchberg und Gerbrunn läuft. Es soll auf den ganzen Landkreis ausgeweitet werden.
Mehr Barrierefreiheit und bessere Taktung
Dazu kommt der barrierefreie Ausbau von Bushaltestellen - bisher sind nur 9 von 52 Haltestellen im hiesigen Korridor 7 barrierefrei. In Margetshöchheim wird demnächst die Haltestelle "Ärztehaus" barrierefrei ausgebaut. Die Umbaukosten belaufen sich laut Bürgermeister Brohm auf rund 200.000 Euro, wovon etwa 4.000 Euro als Zuschuss des Freistaats fließen. Zur besseren Inklusion trägt auch das "dynamische Fahrgastinformationssystem" (DFI) bei, das an frequentierten Haltestellen mit Funkverbindung installiert wird. BürgerInnen monierten im Workshop allerdings, dass es in Erlabrunn ständig ausfällt.
Weiteren Grund zum Schimpfen sahen die Erlabrunner wegen der unattraktiven Busverbindung in ihrem Ort. Bei der Kundenbefragung bildete Erlabrunn bei der Zufriedenheit mit dem Fahrplan insgesamt das Schlusslicht. Hier stehen Verbesserungen an: Der Busverkehr soll laut Nahverkehrsplan "im Gleichklang mit Leinach" künftig werktags im Stundentakt und sonntags im 2-Stunden-Takt fahren. Das bisher für Erlabrunn zuständige Busunternehmen steigt aus dem Geschäft aus, ab 2024 wird die Linie von einem anderen Unternehmen vom Landkreis Main-Spessart aus von Karlstadt nach Würzburg bedient. Ein weiterer Knackpunkt waren die durch fehlende Verbindungen nötigen "Elterntaxis" für Schulkinder von der Margetshöchheimer Falkenstraße nach Erlabrunn. Dies ließe sich wegen des nötigen Umlaufes höchstwahrscheinlich nicht durch eine zusätzliche Schleifenfahrt von 6-7 Minuten Umweg lösen, weil dadurch der Taktverkehr unwirtschaftlich würde, so die APG. Auch der Bürgerbus kann hier nicht eingesetzt werden, weil er rechtlich keinen Linienverkehr ersetzen darf. Die alternative Errichtung einer zusätzlichen Haltestelle an der St2300 beim Badesee ist aus verschiedenen juristischen Gründen nahezu ausgeschlossen. Vom Konzept der Rufbusse in Schwachlastzeiten, wie sie bereits in MSP eingesetzt werden, zeigte sich die APG "nicht so ganz überzeugt".
Zur Debatte stand, ob die Busfahrten Richtung Würzburg künftig an der Haltestelle Mainaustraße enden sollen. Eine Mehrheit lehnte dies in der Kundenbefragung der APG jedoch ab, daher wird die Weiterfahrt zum Bahnhof beibehalten und der Ausstieg an der Mainaustraße bleibt eine "Kann-Option".
Beim Margetshöchheimer Linienverkehr wird es künftig eine zusätzliche Nachtfahrt geben, von Freitag auf Samstag um 01:30 Uhr.
In Leinach fährt der Bus Montags-Freitags künftig um 05:05 Uhr ab (05:15 Uhr ab Falkenstraße Margetshöchheim), sodass die 6-Uhr-Schichten in Würzburg erreicht werden können.
Margetshöchheim ist mit über 33 Fahrtpaaren (Hin- und Rückfahrt) Montags bis Freitags sehr gut an das Oberzentrum Würzburg angebunden, zudem macht die Linie 8068 zusätzlich 16 Fahrten. Samstags sind es 31 +4, Sonntags 17 Fahrtpaare. Erlabrunn kommt Mo-Fr auf 24 Fahrtpaare (Samstags 15, Sonntags 6) und Leinach auf 21 (Samstags 15, Sonntags 6).
Alternative Antriebe bleiben Zukunftsmusik
Wenn im nächsten Jahr neu ausgeschrieben wird, müssen die Fahrzeuge für die APG folgende Kriterien erfüllen: Niederflurtechnik, Euro-6-Dieselnorm, max. 10 Jahre alt, mit Klimatisierung und mit WLAN. Durch die Norm kommen nur emmissions- und geräuscharme Fahrzeuge auf die Straße. Alternative Antriebsarten wie Wasserstoff, Biogas oder E-Busse spielen bei der Ausschreibung laut APG noch keine Rolle, da die Fahrzeugtypen noch nicht ausgereift seien und circa das doppelte kosten. Das größte Hindernis für alternative Antriebe sei allerdings die Infrastruktur: "Wenn eines der Busunternehmen zehn E-Busse hat, bräuchte es als Ladeinfrastruktur ein kleines Kraftwerk, weil alle Fahrzeuge über Nacht laden müssen", erläuterte Dominik Stiller. Ein Konzept mit alternativen Antrieben "bringt uns auch nichts, wenn wir dann kein Busunternehmen finden", brachte es Vorständin von Vietinghoff-Scheel auf den Punkt. Allerdings würde die APG Probebetriebe mit Antriebsalternativen wie in Wiesbaden oder Augsburg weiterhin aufmerksam beobachten und könne jederzeit auf neue Gegebenheiten reagieren, da alle 10 Jahre neu ausgeschrieben werden müsse und dadurch fast jedes Jahr ein Korridor im Landkreis neu ausgeschrieben wird.