Im September 2022 hat die Bürgerinitiative "Leiser!" e.V. insgesamt 53 Anträge von BürgerInnen aus Margetshöchheim und Zell auf besseren Lärmschutz im Bereich der Staatsstraße an das Würzburger Straßenbauamt übergeben. Nun erteilte die Behörde den wichtigsten Forderungen eine Absage. Der Verein will mit einem Anwalt weiterkämpfen.
Im bayerischen Lärmkataster (https://www.umweltatlas.bayern.de/mapapps/resources/apps/umweltatlas/index.html?lang=de&dn=lfu_domain-laerm) sind etliche Margetshöchheimer Wohnbereiche tiefrot markiert und damit stark durch Straßenlärm belastet, vor Allem entlang der Staatsstraße. Ralf Pätzold von der Bürgerinitiative Leiser! hat deshalb im vergangenen Herbst Unterschriften von betroffenen AnwohnerInnen und UnterstützerInnen gesammelt und diese dann beim zuständigen Straßenbauamt in Würzburg eingereicht (wir berichteten). Insgesamt wurde der "Antrag auf Erlass straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen" von 53 Personen unterschrieben, davon 41 aus Margetshöchheim und 12 aus Zell. Auch die beiden Gemeindeverwaltungen unterstützten das Anliegen der Initiative mit entsprechenden Schreiben an die Behörde. Leiser! e.V. forderte mit den Anträgen folgende verkehrsrechtliche Anordnungen für einen besseren Lärmschutz: eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h in Zell von der Laurentiusbrücke bis zur Ampelanlage Ludwig-Herrmann-Straße, eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ab dort bis zum Ortsende Margetshöchheim (Ampelanlage), eine regelmäßige Geschwindigkeitsüberwachung sowie hochwertigen Flüsterasphalt bei der noch ausstehenden Sanierung der St2300 von der ICE-Brücke bis zum Ortsende von Margetshöchheim (Ampelanlage). Das zuständige Straßenbauamt hatte drei Monate Zeit, auf den Antrag zu reagieren.
Nun teilt Pätzold mit Bedauern mit, dass das Straßenbauamt die im Antrag genannten Lärmschutzmaßnahmen in seiner Stellungnahme weitgehend abgelehnt hat, insbesondere die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Das Schreiben liegt der Blog-Redaktion vor. Darin heißt es unter Anderem, dass Beschränkungen und Verbote für Straßen des überörtlichen Verkehrs laut Vorgaben des Innenministeriums "nur in begründeten Einzelfällen" in Frage kämen, "wenn besondere Umstände dies zwingend gebieten und dem nicht verkehrliche Belange entgegenstehen". Rechtlich gebe es weder bei Über- noch bei Unterschreitungen der Richtwerte einen Anspruch auf den Erlass verkehrsrechtlicher Maßnahmen, stellt die Behörde klar. Einen begründeten Einzelfall sieht das Würzburger Straßenbauamt in seinem Ermessensspielraum an der hiesigen St2300 offenbar nicht als gegeben. Konkret gibt die Behörde in dem Schreiben an, dass Anordnungen außerorts hier nur im Zuge erheblicher Wohnbebauung mit mindestens 50 von der Richtwertüberschreitung betroffenen AnwohnerInnen in Betracht kämen. Zudem verweist das Straßenbauamt darauf, dass eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wegen der "weiträumigen Netz- und Bündelungsfunktion" der St2300 nicht verhältnismäßig wäre. Zudem seien bei der Ortsumfahrung in Margetshöchheim bereits wirksame Schallschutzmaßnahmen getroffen worden, etwa der Ausbau im Geländeeinschnitt, Lärmschutzwälle und Lärmschutzwände. Diese Maßnahmen wurden beim Bau der St2300 in den 1980er Jahren anhand geltender Regelungen zur Lärmvorsorge umgesetzt; damals galten allerdings noch geringere Dezibel-Werte als heute. Im damaligen Planfeststellungsverfahren wurden auch Vorhersagen über das künftige Verkehrsaufkommen errechnet: prognostiziert wurden für das Jahr 2000 demnach 5.909 Pkw und 739 Lkw am Tag. Die tatsächlichen Verkehrsdaten von 2021 zeichnen jedoch ein weit drastischeres Bild: über die Strecke rollen jeden Tag 10.164 Pkw und 392 Lkw - der Güterverkehr hat sich im Vergleich zu Prognose also fast halbiert, der Personenverkehr hat sich beinahe verdoppelt. Rechnerisch ergebe sich aus einer Verdoppelung des Verkehrsaufkommens ein Lautstärke-Zuwachs von 3 dB (A), schreibt das Straßenbauamt in seiner Stellungnahme. Da damals Grenzwerte von untertags 55 dB (A) und nachts 45 dB (A) für Wohngebiete galten, sei davon auszugehen, dass die heutigen Richtwerte von tags 70 dB (A) und nachts 60 dB (A) selbst bei dem angenommenen Lärmzuwachs um 3 dB (A) "bei weitem nicht erreicht" würden, so die Behörde. Außerdem müssten Margetshöchheim und Zell getrennt voneinander betrachtet werden; in Zell wurde zum Lärmschutz auf der St2300 bei der Sanierung vor drei Jahren bereits Flüsterasphalt verbaut und die Leitplanke durch Betongleitwände ersetzt. Die Stellungnahme des Straßenbauamts bezieht sich insgesamt nur auf die von Leiser! geforderten Geschwindigkeitsbegrenzungen. Ob die weiteren Streckenabschnitte der St2300 mit Flüsterasphalt saniert werden, wie es der Verein beantragt hat, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen.
Ralf Pätzold von der Bürgerinitiative Leiser! zeigt sich von der Reaktion des Straßenbauamtes enttäuscht: "Wir denken, dass die Begründungen geprüft werden müssen, um dann gegegebenfalls weiterzumachen". Dafür will der Verein nun die Hilfe eines Fachanwalts in Anspruch nehmen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.