Für Familien ist Margetshöchheim eine attraktive Gemeinde. Derzeit leben über 500 Kinder im Dorf, etwa jedeR sechste EinwohnerIn ist jünger als 18 Jahre. Weil sich die Lebensumstände der jungen Generation nicht nur durch Corona stark verändert haben, will die Gemeinde die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit mit Schule, KiTa und den Vereinen künftig enger verzahnen.
Wie sehr sich die Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen verändert hat und wie die junge Generation gut unterstützt werden kann, ist ein komplexes Thema. Um möglichst viele gute Ansätze für ein gelingendes Aufwachsen im Dorf zu finden, rief die Gemeinde zusammen mit den beiden Jugendbeauftragten Lukas Götz (CSU) und Stephanie Röll (MM) nach pandemiebedingter Pause kürzlich wieder ein Vernetzungstreffen ins Leben, bei dem VertreterInnen von Schule, Mittagsbetreuung, Kindergarten, Kinder-und Jugendzentrum (KIJUZ) und mehreren Vereinen zusammenkamen. Ziel der Veranstaltungsreihe ist, dass sich alle Akteure in der Gemeinde, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, besser vernetzen und die junge Generation mit verschiedensten Angeboten besser unterstützen. Seit Kurzem organisiert beispielsweise der Kindergarten St. Johannes Lesestunden mit der kath. öffentlichen Bücherei und die Schule plant einen Schnuppertag bei der Seglerkameradschaft. Die "Naturfüchse" des Bund Naturschutz wollen ebenfalls mit der Schule kooperieren. Zudem will die Schule im Rahmen des Partnerschaftskommitees wieder den Austausch mit der französischen Partnergemeinde intensivieren. Vereine sollen beim jährlichen Schulfest die Möglichkeit bekommen, ihre Angebote zu präsentieren. Unabhängig davon hatte die Schule im vergangenen Herbst zusammen mit der Jugendfeuerwehr, der Sportgemeinschaft, der Bücherei und dem Jugendkonvent einen gemeinsamen Aktionstag für SchülerInnen der 5. und 6. Klassen veranstaltet. Beim jüngsten Vernetzungstreffen wurde die Aktion gelobt, allerdings hieß es, der Aktionstag solle aus Zeitgründen künftig auf weniger Stationen beschränkt werden. Einige Anwesende kritisierten außerdem, dass ein Aktionstag mit den Vereinen schon in der Grundschule ansetzen müsse, weil viele Margetshöchheimer Kinder nach dem Übertritt an weiterführende Schulen kaum noch für die örtlichen Vereine zu gewinnen seien. Die Mittelschule wird von zahlreichen Kindern aus umliegenden Gemeinden besucht, wo es eigene Angebote gibt. Wenn mehr Margetshöchheimer Kinder in den örtlichen Vereinen aktiv wären, täte das auch den Organisationen gut: fast alle haben inzwischen Schwierigkeiten, Nachwuchs zu finden, der sich räumlich und zeitlich binden will oder kann. Da manche Vorstände kaum mehr besetzt werden können und tatkräftige Helfer fehlen, wird es immer schwieriger, Vereine am Leben zu halten und gemeinschaftliche Aktionen wie das Margaretenfest zu stemmen.
Die KiTa soll zum "Familienzentrum" werden
Als Ursache für die Verschiebungen spielen viele Faktoren zusammen - einer ist, dass die Kinder nach Ansicht vieler Anwesender schon durch die Schule zeitlich zu eingespannt sind, um sich mehr als einem Hobby zu widmen. Viele Schulkinder werden bis zum Nachmittag betreut: die Mittagsbetreuung besuchen aktuell 74 Grundschulkinder, die Offene Ganztagsschule wird von 24 SchülerInnen ab der 5. Klasse genutzt. Ab 2026 muss die Offene Ganztagsbetreuung kostenfrei angeboten werden, wodurch sich die Betreuungszahlen noch erhöhen dürften. KiTa-Leiterin Ursula Schleyer sieht die fehlende Freizeit schon bei den Jüngsten: "Manche Kinder sind länger in der KiTa, als ein normaler Arbeitstag lang ist". Kinder würden heute ganz anders aufwachsen, weil sich die Lebensumstände massiv gewandelt hätten. Mit ihrer über 30-jährigen Berufserfahrung findet Schleyer, dass den veränderten Belastungen der Eltern und den neuen Familienformen Rechnung getragen werden müsse: "Wir sind oft erste Bezugs- und Vertrauenspersonen für die Eltern, wir sollten sie begleiten und zusammen auffangen, dass sich die Gesellschaft verändert hat". Nach dem Umbau und der Sanierung der Kinderkrippe soll die KiTa auch nach dem Willen der Gemeinde deshalb zu einem "Familienzentrum" werden. Da das Gebäude modular errichtet wird, werden etliche Räume multifunktional und können dann beispielsweise auch für Beratungen oder Aktionen für Eltern genutzt werden.
Die Pandemie hat Spuren hinterlassen
Zu den erschwerten Lebensumständen zählt auch die Corona-Zeit, die die Kinder nach Ansicht vieler Beteiligter merklich belastet habe. Beim Feuerwehr-Nachwuchs sei es durch die mangelnden Gemeinschaftserlebnisse schwierig gewesen, die Jugendlichen "bei Laune zu halten", berichtete Jugendwart Andreas Winkler. Stefanie Herbert von der Mittagsbetreuung der Schule meinte, dass die Pandemie Spuren hinterlassen habe: "Man hat gemerkt, dass schöne Erlebnisse und der Austausch miteinander unheimlich gefehlt haben". Eine spürbare Folge sei fehlende Motivation. KIJUZ-Leiterin Andrea Klug sagte, dass viele Kinder "Blockaden durch Corona" zeigen würden und keine negativen Nachrichten mehr hören wollten. Stefan Herbert von der SGM berichtete, es habe lange gedauert, bis "Selbstantrieb und Freude" bei den jungen Sportlern wieder funktioniert hätten.
Engere Kooperation wird angestrebt
Insgesamt ist Margetshöchheim bei der Kinder- und Jugendarbeit schon verhältnismäßig gut aufgestellt. Seit über 30 Jahren betreibt die Gemeinde das Kinder-und Jugendzentrum. Zu Beginn hätte es gerade mal fünf Kollegen im Landkreis gegeben, heute 25, berichtete KIJUZ-Leiterin Andrea Klug in der Runde. Weil der Bedarf da sei, wurde an der Schule die Zuständigkeit von Schulsozialarbeiter Tilman Schnell von der Mittelschule auch auf die Grundschule ausgeweitet, erklärte Schulleiter Stephan Becker. Zusammen mit der Integrationsbeauftragten Marion Reuther seien auch die Bedürfnisse der ukrainischen Flüchtlinge im Blick. Mit dem Sozialfonds könne die Gemeinde Familien schnell und unbürokratisch unterstützen, indem beispielsweise Kosten für die Mittagsbetreuung der Schule übernommen werden, erklärte Bürgermeister Waldemar Brohm. Und beim nächsten Kinder- und Jugendforum am 3. Juni will die Gemeinde bei der jungen Generation hinhören, was den Kindern und Jugendlichen im Ort gefällt oder fehlt. Weitere Vernetzungstreffen zur intensiveren Zusammenarbeit sind geplant.