Gewalt gegen Frauen ist ein meist verborgenes, aber leider alltägliches Phänomen in Deutschland. An jedem Tag geschieht ein Tötungsversuch, an jedem dritten Tag wird eine Frau in der Bundesrepublik von ihrem (Ex-)Partner ermordet. Zum internationalen Gedenktag "Nein zu Gewalt an Frauen" am 25. November hat die Gemeinde zwei Fahnen gehisst, um "ein sichtbares Zeichen der Solidarität" zu setzen.
Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU) verdeutlichte in seiner Rede die erschreckenden Fakten. "Gewalt gegen Frauen nimmt nicht ab. Jede zweite bis dritte Frau erlebt mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt. Die Gewalt findet in der Mitte der Gesellschaft statt – betroffen sind Frauen jeden Alters und jeder Schicht. Trotz des erschreckenden Ausmaßes ist Gewalt gegen Frauen noch immer ein Tabu" informierte das Landratsamt Würzburg, das sich mit einem Filmabend und Diskussionsrunde im Würzburger Kino Central an dem bundesweiten Aktionstag beteiligte. Bürgermeister Brohm hatte für seine Rede beim Fahnenhissen erschreckende Details recherchiert: im Jahr 2018 wurden nach einer Studie der Bundesregierung 114.000 Frauen Opfer von Gewalt. Jeden Tag gab es einen Tötunsversuch; jede Stunde wurde eine Frau Opfer von gefährlicher Körperverletzung. Die Zahlen nehmen kontinuierlich zu: 2020 waren mehr als 148.000 Menschen von körperlicher und / oder sexueller Gewalt durch einen Partner betroffen, davon rund 119.000 Frauen. "Die Statistik erfasste 2020 folgende versuchte oder vollendete Delikte gegen Frauen:
- Vorsätzliche einfache Körperverletzung: 72.013 weibliche Opfer
- Gefährliche Körperverletzung: 12.449 weibliche Opfer
- Bedrohung, Stalking, Nötigung: 29.301 weibliche Opfer
- Freiheitsberaubung: 1.567 weibliche Opfer
- Mord und Totschlag: 359 weibliche Opfer"
Zu bedenken gab Brohm, dass diese Zahlen zur häuslichen Gewalt nur das sogenannte Hellfeld, also die angezeigten Fälle, abbilden. Die Dunkelziffer liegt laut Experten wie der Opferschutzorganisation "Weisser Ring" bei rund 80%. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums gaben in Deutschland 37% der befragten Frauen im Alter von 16-85 Jahren an, schon einmal körperliche und / oder sexuelle Gewalt erfahren zu haben: statistisch gesehen also jede Dritte. Hinzu kommt die häusliche Gewalt, die bundesweit bereits jede 4. Frau durch einen Partner erlebt hat.
Dabei trifft es keineswegs nur Frauen in prekären oder niedrigen sozialen Schichten, wie oft angenommen wird. Von Gewalt betroffen sind vielen Studien zufolge Frauen aller Gesellschaftsschichten, unabhängig von sozialem Status, Einkommen oder Bildungsstand. Dennoch ist das Thema nach wie vor tabu und schambesetzt, nur rund ein Fünftel der betroffenen Frauen sucht professionelle Hilfe bei Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen. Teilweise gibt es die nötigen Hilfen aber auch nicht, wie die dritte Bürgermeisterin und stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer (SPD) beim Aktionstag zu bedenken gab. Sie kämpft zusammen mit Carmen Schiller, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Würzburg und aktives Mitglied bei der Frauenrechtsorganisation "Terre des femmes" (franz: Welt der Frauen; in Anlehnung an die Menschenrechtsorganisation "terre des hommes"; homme = franz. Mensch / Mann) seit Längerem dafür, dass im Landkreis ein offenes Frauenhaus gebaut wird, das Müttern auch mit älteren männlichen Kindern Zuflucht gewährt. Bisher ist es bundesweit nämlich meistens so geregelt, dass Jungs ab 12 Jahren nicht in Frauenhäusern leben dürfen - für Frauen mit älteren Jungs bedeutet dies, dass sie ihre Kinder entweder zurücklassen oder in ein Heim geben müssen; man kann sich vorstellen, wie wenige Frauen diesen traumatischen Schritt wagen und stattdessen bei ihrem gewalttätigen Partner ausharren. Ob das innovative Frauenhaus im Landkreis realisiert werden kann, steht noch in den Sternen. Die Fahnen bleiben für rund zwei Wochen vor dem Rathaus hängen; im Rathaus ist Informationsmaterial über Beratungsstellen bei häuslicher Gewalt ausgehängt.
Der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen wird seit 1981 immer am 25. November begangen. Er geht auf die Ermordung der Schwestern Mirabal durch Militärangehörige in der Dominikanischen Republik im Jahr 1960 zurück. Menschenrechtsorganisationen wie Terre des Femmes organisieren seit 1981 jedes Jahr Veranstaltungen, die die allgemeine Stärkung von Frauenrechten zum Ziel haben. Themen sind unter Anderem Zwangsprostitution, Sextourismus, Genitalverstümmelung, häusliche Gewalt, weibliche Armut, die Gleichstellung von Frauen, etc.
Wenn Sie oder Frauen in Ihrem Umfeld von häuslicher Gewalt betroffen sind oder Beratung benötigen, bekommen Sie hier bundesweit Hilfe, auch anonym:
https://www.hilfetelefon.de/das-hilfetelefon.html
Folgendes Handzeichen wurde von der Canadian Women's Foundation als unauffälliger Hilferuf bei häuslicher Gewalt etabliert; es wird mittlerweile international erkannt: