Dank gut gefüllter Gasspeicher ist das Risiko geplanter Stromabschaltungen in Deutschland aktuell extrem gering. Die Gemeinde hat sich auf mögliche Stromausfälle aber vorbereitet und will die Maßnahmen auch beibehalten. Schließlich machen die Vorkehrungen auch für den nächsten Winter noch Sinn, sagt der Bürgermeister.
Im Oktober hatte Bürgermeister Waldemar Brohm über die Ergebnisse der halbjährlichen Energiebeiratssitzung berichtet und wie geplante Stromausfälle in Margetshöchheim aussehen könnten (wir berichteten). Damals hieß es, dass sich die Energieversorger auf mögliche Abschaltszenarien zum Ende des Winters einstellen. Mittlerweile wird das Risiko aber als extrem unwahrscheinlich eingestuft, berichtet der Experte Jürgen Söbbing vom Netzbetreiber Mainfrankennetze (MFN) auf Nachfrage. Die MFN wären für die Zu- und Abschaltungen im Stromnetz verantwortlich. Planmäßige Stromabschaltungen - sogenannte „Brownouts" - sind nicht zu verwechseln mit einem Blackout, also einem unkontrollierten Stromausfall, wie er beispielsweise durch Naturkatastrophen ausgelöst werden kann. Planmäßige Brownouts können theoretisch nötig werden, um das europaweite Verbundstromnetz zu stabilisieren, falls es durch Kraftwerksausfälle und/oder Dunkelflauten (d. h. zu geringe Einspeisung durch erneuerbare Energieträger) zu einer Unterdeckung der Stromerzeugung kommt. Indem Stromverbraucher vom Netz genommen werden, kann so die erforderliche Netzspannung aufrechterhalten werden, was wiederum einen ungewollten Blackout verhindern würde.
Wie sich die Gemeinde auf mögliche Stromabschaltungen vorbereitet hat
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für einen Brownout mittlerweile äußerst gering ist, haben sich die Gemeinden Margetshöchheim und Erlabrunn in den vergangenen Wochen auf den Ernstfall vorbereitet. Margetshöchheim und Erlabrunn hätten keine Kapazitäten, beheizte Räume für BürgerInnen bereitzustellen, weil die Liegenschaften zu klein sind und nicht ohne Gas beheizt werden könnten, berichtet Bürgermeister Waldemar Brohm, der auch der Verwaltungsgemeinschaft vorsteht. Dafür würden die Feuerwehrhäuser als Lagezentren innerhalb von 60 Minuten nach Stromausfall mit Personal besetzt. Das Feuerwehrhaus wurde unter anderem mit Akkus und stromunabhängiger Beleuchtung bestückt, so Brohm. Zudem habe die Gemeinde 900 Liter Diesel bevorratet und Konserven eingelagert. Da das Funknetz der Rettungskräfte stabiler ist als das Mobilfunknetz, könnte das Personal im Feuerwehrhaus nötigenfalls Notrufe absetzen, falls der Mobilfunk ausfallen würde. Über eine Notstromversorgung wäre der Betrieb von Mobilfunkmasten im Ortsgebiet für 2 Stunden Stromausfall gesichert.
Die Wasserversorgung würde in Margetshöchheim auch ohne Strom für einige Tage funktionieren, sagt Brohm. Die Hochbehälter hätten genügend Druck, um Wasser per Schwerkraft durchs Ortsnetz zu leiten. Die Gemeinde habe angeordnet, dass der Füllstand in den Hochbehältern nicht unter 70% sinken darf. Für die Vorkehrungen hat die Gemeinde entsprechende Anordnungen erlassen.
Ob Brownout oder Blackout: Bei einer Stromabschaltung würden alle Geräte und Anlagen, die nur über einen Netzstecker mit Elektrizität versorgt werden, ausfallen. Dazu gehören Festnetz-Telefone, Haushaltsgeräte, Heizungssysteme, Bankautomaten, Türschließanlagen, Zapfsäulen, Aufzüge und so weiter. „Mal zwei Stunden keinen Strom zu haben, wäre aber auch keine Katastrophe", sagt der Bürgermeister.
Geplante Stromabschaltungen kämen schnell und würden maximal 2 Stunden andauern
Stünde ein „Brownout" akut bevor, hätten die MFN für den internen Ablauf von der Weisung des vorgelagerten Netzbetreibers Bayernwerk bis zur tatsächlichen Stromabschaltung nur 6 Minuten Zeit. „Wir hätten keine Zeit, irgendjemanden zu informieren, wir würden abschalten müssen", erklärt Söbbing. Dabei würden nicht bestimmte Gemeinden abgeschaltet, sondern einzelne Schaltbezirke, betont Söbbing. Da das Stromnetz in größere Bereiche gegliedert ist, sind die Schaltbezirke nicht nach Gemeindegrenzen abgezirkelt. Durch Margetshöchheim laufen laut Söbbing mehrere Stränge, sodass einzelne Ortsgebiete bei einem Brownout höchstwahrscheinlich weiterhin Strom hätten. Zudem wäre ein Brownout mit maximal 120 Minuten relativ kurz: „Die Feuerwehren gaben uns die Rückmeldung, dass lebensnotwendige medizinische Geräte rund 120 Minuten mit Akku durchhalten können, daher die Begrenzung auf 2 Stunden."
Wäre nach einem 2-stündigen Brownout immer noch eine Netzstabilisierung nötig, würde der Strom wieder zugeschaltet und ein anderer Schaltbezirk vom Netz genommen, erklärt Jürgen Söbbing von der MFN. Entschieden werde „völlig diskriminierungsfrei" und anhand der einzusparenden Strommenge. Die Regelungen dafür existieren bereits seit Jahren, seit dem Stromstresstest der Bundesregierung prüfen Netzbetreiber wie die MFN, ob die Regelungen greifen. Die Gasmangellage war zu Beginn das Thema, durch die systemische Verbindung der Märkte wurden jedoch auch die Wechselwirkungen zwischen Strom und Gas im Stromstresstest geprüft, erklärt der Energieexperte. Durch den von Russland ausgehenden Angriffskrieg auf die Ukraine sei eine Sensibilisierung für das Thema auf den politischen, kommunalen und energiewirtschaftlichen Ebenen entstanden.