Wegen strenger Corona-Maßnahmen sind pflegebedürftige SeniorInnen vom gesellschaftlichen Leben immer noch weitgehend ausgeschlossen. Die 7. Klasse der Mittelschule überraschte die Gäste der Tagespflege zu Fasching deshalb mit Kostümen, Faschingsliedern und Selbstgebackenem. Zum Erwachsenwerden gehöre auch die "Herzensbildung", meint der Klassenlehrer Tobias Seebach.
Die 18 SchülerInnen der 7. Klasse hatten sichtlich Freude daran, den SeniorInnen ihre Faschingsgrüße zu überbringen. Sie hatten wochenlang Lieder geprobt, Verkleidungen vorbereitet und am Tag zuvor Muffins für die älteren Leute gebacken. Von der ehemaligen Schulleiterin Marion Reuther an der Gitarre begleitet, sangen die Jugendlichen in ihren fantasievollen Kostümen Gassenhauer wie "Marmor, Stein und Eisen bricht" oder "Es gibt kein Bier auf Hawaii". Wegen den strengen Corona-Maßnahmen in Pflegeeinrichtungen konnten die SchülerInnen nur draußen auf der Terrasse auftreten, doch durch die großen geöffneten Türen konnten die SeniorInnen vom Innenraum aus alles gut mitverfolgen. Die betagten Damen und Herren freuten sich sichtlich über die gelungene Überraschung.
Für Klassenleiter Tobias Seebach zählen zur Bildung nicht nur die Lehrbücher, sondern auch das soziale Miteinander, die "Herzensbildung", wie er sagt. Deshalb überlegte er im vergangenen Herbst mit den SchülerInnen seiner 7. Klasse von der Mittelschule Margetshöchheim, wie sich die Klasse in der Dorfgemeinschaft engagieren könnte. Schnell sei man dabei auf die Tagespflege St. Johannes in der Mainstraße gekommen, berichtet er. Dies lag unter Anderem am regen Kontakt zwischen Seebach und der ehemaligen Schulleiterin Marion Reuther, die sich schon seit Längerem für die Tagespflege engagiert. Die Idee, den durch Corona isolierten SeniorInnen eine Freude zu bereiten, begeisterte auch die Jugendlichen, sagt der Klassenleiter. Kurz vor Weihnachten trat die 7. Klasse erstmals auf der Terrasse der Tagespflege auf. Die SeniorInnen seien unheimlich gerührt gewesen, berichtet Seebach, "manche hatten sogar Tränen in den Augen". Das war Ansporn für ihn und seine Klasse, den Gästen der Tagespflege jetzt regelmäßig zu besonderen Anlässen im Jahreslauf eine Freude zu machen. Der Faschingsauftritt fand am Freitag, den 25. Februar statt - einen Tag nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Es habe lange Diskussionen gegeben, ob die Klasse den Auftritt deshalb absagen sollte, berichtet Seebach. Letztendlich habe aber die Einstellung überwogen, dass das Leben trotzdem weitergehen müsse und es gerade in dieser Zeit ein wichtiges Signal sei, Herz zu zeigen und ein friedliches, soziales Miteinander zu leben. Beim nächsten Treffen der Nachbarschaftshilfe will Seebach mit SchülerInnen teilnehmen und weitere Wege suchen, wie sich die SchülerInnen in Margetshöchheim sozial engagieren können.
Die Leiterin der Tagespflege, Petra Rauh, ist von den bisherigen Aktionen der MittelschülerInnen begeistert: "Das ist eine ganz, ganz tolle Sache!" Gerade Musik bewege die Gäste am meisten und habe eine besondere Bedeutung im Alter, sagt sie. Normalerweise kämen zu Fasching immer die EnkelInnen der Gäste oder die KiTa zu Besuch; wegen der strengen Corona-Auflagen ist das aktuell aber nicht möglich. Satt der normalerweise rund 40 Gäste dürfen aktuell nur maximal 14 SeniorInnen in die Tagespflege kommen, Ballspiele oder gemeinsames Kochen etc. dürfen nicht stattfinden. Dass die kostümierten SchülerInnen auf der Terrasse Faschingslieder spielten und Muffins verteilten, sei sowohl für die Gäste als auch das Personal der Tagespflege "ein Lichtblick und Highlight in der Pandemie".